Happy Birthday, liebe Pille!
Einen Geburtstagsgruß an die Pille auf einer Seite für Kinderwunsch Patientinnen? Ja, Geburtstagsgruß an die Pille!
Pille und Frauenbewegung
Ungewollte Schwangerschaften
Zwei Frauenrechtlerinnen und die Pille
Zulassung der Pille
Bedenken von Kirche und Ärzteschaft
Bildung und sexuelle Revolution
Frauen ohne Zugang zu Verhütungsmitteln
Selbstbewusstsein nutzen
Selbstbewusstsein und Kinderwunschtherapie
Pille und Frauenbewegung
Seit 60 Jahren begleitet dieses Medikament unsere persönliche Entwicklung, gerade als Frauen. Ich behaupte, ohne die Pille wäre die Frauenbewegung nicht so erfolgreich gewesen. Der Gleichberechtigung wären viele ungeplante Schwangerschaften dazwischen gekommen.
Vielleicht mussten wir uns aber dann auch nicht so oft mit der ungewollten Kinderlosigkeit herumschlagen.
Die Pille ist 60 Jahre alt geworden! Da darf man ja schon noch mal gratulieren!
Die Pille hat eine Entwicklung für uns Frauen möglich gemacht, die ohne sie so wahrscheinlich nicht hätte stattfinden können. Und gerade den jüngeren Frauen, da die Pille ja mittlerweile selbstverständlich ist, gar nicht so bewusst ist.
Ungewollte Schwangerschaften
Stell dir vor, du bist jung, verliebt bis über beide Ohren und es gibt, außer Kondomen, kein vernünftiges Verhütungsmittel. Du bist auf Gedeih und Verderb darauf angewiesen, dass dein Partner sein Kondom benutzt. Und das es hält.
Schwangerschaftsabbrüche waren vor 60 Jahren nicht erlaubt und wurden oft unter lebensgefährlichen Umständen durchgeführt.
Schwangerschaften waren vor 60 Jahren auch das Ende vieler Frauenträume (und mancher Männerträume). Statt einem selbstbestimmten Leben war Kinder, Küche und Kirche angesagt, kam es zu einer ungewollten Schwangerschaft.
Die Unbeschwertheit, sein Sexualleben selbstbestimmt genießen zu können, ohne Angst haben zu müssen, schwanger zu werden, ist noch nicht so alt.
Zwei Frauenrechtlerinnen und die Pille
Am 18. August 1960 kam die erste Antibabypille in der USA auf dem Markt.
Bereits 1920 gab es ersten Ideen für eine hormonelle Verhütung. Und ganz erstaunlich, da kommt jetzt meine feministische Ader wieder zum Vorschein, war für mich die Tatsache, dass zwei Frauen wesentlich an der Entwicklung der Pille beteiligt waren. Als „Erfinder“ der Pille gilt der Endokrinologe Gregory Pincus. Aber weißt Du, wer Frau Sanger oder Frau McCormick waren?
Beide stammen aus der Frauenrechtsbewegung der USA. Margaret Sanger war Krankenschwester und Frauenrechtlerin, Katharine McCormick eine vermögende Biologin. 1921 lernten sich die beiden Damen bei einer Veranstaltung von Frau Sanger kennen. Sanger hatte die „American Birth Control League“ (Amerikanische Liga für Geburtenkontrolle) gegründet, um Frauen über Verhütung aufzuklären und die Gesetzte zu liberalisieren. Damals war es per Gesetz in USA verboten Verhütungsmittel per Post zu verschicken!
1951 traf Frau Sanger den Endokrinologen Gregory Pincus und vermittelte ihm den Kontakt zu McCormick. Diese unterstütze ihn später mit circa 2 Millionen $ für die Entwicklung der Antibabypille. Mit diesen Geldern war die Forschungsarbeit erst möglich!
Zusammen mit seinen Kollegen John Rock und den Vorarbeiten von Carl Djerassi und Frank Colton gelang es Pincus, ein hormonelles Verhütungsmittel zu entwickeln.
Aber ohne die beiden ambitionierten Frauen wäre der Stein nicht ins Rollen gekommen!
Zulassung der Pille
Happy Birthday, liebe Pille! 1957 wurde das erste hormonelle Verhütungsmittel „Enovid“ in den USA zugelassen, jedoch zunächst nur gegen Regelschmerzen. Erst am 18. August 1960 dürfte diese Pille als erstes offizielles Verhütungsmittel auf dem Markt verkauft werden.
Ein Jahr später brachte die Firma Schering in der Bundesrepublik Deutschland die Pille „Anovlar“ auf den Markt. Auch hier wurde das Präparat primär gegen Menstruationsbeschwerden vermarktet. Die empfängnisverhütende Wirkung tauchte nur im Nebensatz auf.
Bedenken von Kirche und Ärzteschaft
Was die einen als gewaltigen Schritt nach vorne und als große Befreiung für die Frauen feierten, stieß bei den anderen auf größte Zweifel. Auch Ängste kamen auf.
So protestierten die Kirchen gegen die Einführung der Pille. Am 25. Juli 1968 verurteilte der Papst Paulus VI. in der Enzyklika Humanae Vitae die Geburtenkontrolle durch künstliche Verhütungsmittel. Befürchtet wurde, dass dadurch außerehelicher Geschlechtsverkehr befördert würde und es zu einer „allgemeinen Aufweichung der sittlichen Zucht“ kommen würde.
Auch die Ärzteschaft war von der Pille nicht nur begeistert. In der „Ulmer Denkschrift“ von 1964 wurde vor einer „wachsenden Sexualisierung unseres öffentlichen Lebens“ gewarnt.
Bildung und sexuelle Revolution
Für uns Frauen, und es ist vielen von uns wahrscheinlich gar nicht mehr so klar, war die Einführung der hormonellen Verhütung ein riesiger Schritt nach vorne.
Sexualität war nun auch für Frauen folgenlos genießbar, da eine Schwangerschaft sicher verhütet werden konnte.
Das eröffnete uns Frauen ganz neue Möglichkeiten! Plötzlich war Ausbildung und Karriere planbar und wurden nicht mehr durch eine ungeplante Schwangerschaft durchkreuzt. Mutterschaft konnte auf einen späteren Zeitpunkt verlegt werden und so blieb mehr Zeit für Schule, Ausbildung und Beruf. Das konnte man auch in den Sechzigern deutlich sehen: die Zahl der Abiturienten und Akademikerinnen stieg sprunghaft an.
Auch die sexuelle Revolution in den sechziger Jahren wäre ohne eine sichere Verhütung nicht denkbar gewesen. Frauen (und Männer) konnten erstmal ihre Sexualität selbstbestimmt erleben, ohne Angst vor einer Schwangerschaft haben zu müssen. Für uns heute im westlichen Kulturkreis eine Selbstverständlichkeit.
Frauen ohne Zugang zu Verhütungsmitteln
Aber es gibt immer noch Länder und Kulturen, wo Frauen keinen freien und selbstbestimmten Zugang zu Verhütungsmittel haben. Oft geht das parallel mit einer untergeordneten Stellung der Frau in diesen Gesellschaften einher. Entsprechend bleibt Bildung und wirtschaftliche Macht mehrheitlich den Männern vorbehalten.
Selbstbewusstsein nutzen
Bildung und ein guter Beruf schaffen eine gewisse finanzielle Sicherheit und Unabhängigkeit. Was sich auch auf das Selbstbewusstsein auswirkt.
Warum dieses Selbstbewusstsein nicht positiv nutzen und für gesellschaftliche Veränderungen einstehen? Für mehr Anerkennung der Arbeit von Müttern beispielsweise, die gerade zu Corona-Zeiten übermenschliches geleistet haben. Und das ohne Lohn und mit geringster Anerkennung. Es war wichtiger, dass die Bundesliga wieder auf den Rasen durfte satt die Kinder wieder in Kindergärten und Schulen zu lassen.
Mutter sein darf keinen Karriereknick nach sich ziehen. Meist jedoch sterben flexible Betreuungsmodelle und deren Diskussion darüber still nach der gewonnenen Wahl. Das sollten wir uns nicht mehr gefallen lassen!
Selbstbewusstsein und Kinderwunschtherapie
Auch die Kinderwunschtherapie sollte selbstbewusst eingefordert werden wie die sichere Verhütung, wenn die biologische Uhr zu ticken anfängt. Noch ist das eher etwas Peinliches, was im privaten Rahmen stattfindet. Frau hat eben einfach den richtigen Zeitpunkt verpasst. So ist das, wenn frau alles haben möchte: Kind und Karriere. Dabei wird gerne vergessen, dass erstens 50 % der Unfruchtbarkeit eine männliche (Mit-) Ursache hat und zweitens auch die Männer eine reproduktionsbiologische Halbwertszeit haben. Allerdings erst ungefähr zehn Jahre später….
Bei männlicher Unfruchtbarkeit ist so ziemlich alles erlaubt, was die männliche Seite der Unfruchtbarkeit beheben kann. Spendersamen ist kein Thema, mittlerweile sogar, wenn du nicht verheiratet bist.
Reden wir jedoch über Eizellspende, sieht die Situation ganz anders aus. Was die weibliche Unfruchtbarkeit beheben könnte, ist hierzulande verboten. Und Ärzten, die darüber beraten und an der Behandlung mitwirken, droht ein Berufsverbot.
Mädels, manchmal täte uns etwas Kampfgeist mal wieder gut! In diesem Sinne: Happy Birthday, liebe Pille!
In diesem Sinne alles Liebe
Deine Heidi
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