Die Überstimulation! Allein dieses Wort hört sich doch schon bedrohlich an, oder? Aber was ist eine Überstimulation, wie entsteht sie und welche Folgen hat sie?
Damit befassen wir uns heute.
Hormonbehandlung
Die Eisprung auslösende Spritze
Entnahme der Eizellen
Im Labor
Empfindliche Eierstöcke
Überstimulation und PCO-Syndrom
Symptome der Überstimulation
Überstimulation ist nicht gleich Überstimulation
Lunge und Niere
Mein schlimmster Fall
Was passiert mit den Eizellen?
Überstimulation und Schwangerschaft
Einfrieren der Eizellen
Tablettentherapie bei Rückgabe der Kryoembryonen
Warten auf das Wunder
Überstimulation bei Mehrlingsschwangerschaft
Überstimulation nach Eizellrückgabe
Dauer der Überstimulation
Hormonbehandlung
Dazu lass uns zuerst schauen, was bei einer Stimulation genau gemacht wird.
Soll bei Dir eine künstliche Befruchtung gemacht werden, wird mit Hormonen gearbeitet. Zum einen kann es sein, dass Du Hormone bekommst, die Deine eigenen Hormone erst einmal herunterregulieren. Danach folgten immer eine Hormonbehandlung. Diese Hormone werden meist unter die Haut gespritzt. Ziel dieser Therapie ist es, Deine Eierstöcke anzuregen. Sie sollen möglichst mehr als ein Eizellbläschen bilden. In diesen Eizellbläschen befindet sich mikroskopisch klein jeweils eine Eizelle.
Zwischen drei und acht Eizellen sind eine gute Ausbeute einer solchen Behandlung.
Die Eisprung auslösende Spritze
Sind die Einzelbläschen groß genug, meist so zwischen 1,8 und 2 cm, wird der Eisprung „ausgelöst“.
Deine Eizellen „thronen“, jede in ihrem Eizellbläschen, auf einem Zellhaufen. Die auslösende Spritze sorgt dafür, dass die Eizellen sich von diesem Ziel Haufen lösen und frei in der Flüssigkeit schwimmen, die sich in den Eizellbläschen befindet.
Entnahme der Eizellen
Nach ungefähr 36 Stunden ist dann die Punktion. Hier zu wird eine dünne Nadel über die Scheide in den Eierstock vorgeführt und die Einzelbläschen werden an gepikst. Die Flüssigkeit mit den darin schwimmenden Eizellen wird abgesaugt und gesammelt. Dies geschieht meist in einer leichten Narkose.
Im Labor
Im Labor werden die Eizellen gereinigt und mit dem Samen in Petrischalen zusammen gebracht. Oder aber, wenn der Spermiogramm sehr eingeschränkt ist, wird eine einzelne Samenzelle mit einer dünnen Nadel unter dem Mikroskop in die Eizelle transportiert.
Soweit die Behandlung bei einer IVF, einer In-vitro-Fertilisation und einer ICSI, der intrazytoplasmatischen Spermieninjektion.
Empfindliche Eierstöcke
Bei einer künstlichen Befruchtung soll möglichst mehr als eine Eizelle heranreifen. Deshalb bekommst Du Hormone gespritzt.
Manche Frauen haben aber Eierstöcke, die extrem empfindlich auf eine Hormonstimulation reagieren. Sie bilden sehr schnell sehr viele Einzelbläschen.
Da könnte man meinen, das ist ja super! Je mehr Eizellen, desto weniger häufig muss ich mich einer solchen Behandlung unterziehen und desto größer sind meine Schwangerschaftschancen.
Ganz so einfach ist es nicht.
Überstimulation und PCO-Syndrom
Es bilden sich zehn und mehr Eizellbläschen bei einer Überstimulation. Die Eierstöcke, die im Normalfall 2 bis 4 Zentimeter groß sind, können so groß werden, dass sie bis zum Bauchnabel reichen.
Besonders Frauen mit einem polycystischem Ovar (PCO) sind hier gefährdet, aber auch junge Frauen. Eine Überstimulation hast Du in ca. 0,25 % der Behandlungen in Deutschland.
Symptome der Überstimulation
Die Hülle der Eierstöcke ist etwas derber. Deshalb entsteht dabei ein sehr unangenehmer Dehnungsschmerz durch die vielen Eizellbläschen. Sie lassen den Eierstock wachsen. Aber nicht nur die Schmerzhaftigkeit der Überstimulation ist ein Problem, sondern auch ihre Wirkung auf den gesamten Körper.
Es entsteht oft Aszites, Bauchwasser, und Wasser in der Lunge. Beides kann zu einer Gewichtszunahme von bis zu 20(!) Kilo in der Woche führen.
Überstimulation ist nicht gleich Überstimulation
Eine Überstimulation kann verschiedene Ausprägungen haben. Sie kann sehr leicht sein, sodass du mit reichlich trinken und Schmerzmedikamenten gut über die Runden kommst.
Hast Du eine höhergradige über Stimulation, kann es durchaus nötig sein, dass Du eine Infusionstherapie brauchst und Heparin gespritzt bekommst. Dazu wirst Du dann im Krankenhaus stationär behandelt.
Lunge und Niere
Denn ein Risiko der Überstimulation ist die Lungenembolie. Dabei werden die kleinen Gefäße der Lunge mit dem eingedickten Blut verstopft. Damit fällt dieser Bereich für den Sauerstoffaustausch bei der Atmung aus. Dies ist eine ernsthafte und gefürchtete Komplikation.
Außerdem werden Deine Nieren genau kontrolliert. Manchmal werden sie durch die Überstimulation in Mitleidenschaft gezogen. Dann droht ein Nierenversagen.
Mein schlimmster Fall
Ich kann mich an eine Patientin aus meiner Ausbildungszeit erinnern, die hatten wir drei Monate auf Station. Sie sah aus, als sei sie im neunten Monat schwanger. Aber es war nur die vergrößerten Eierstöcke, die diesen Bauch gemacht haben. Mehrere Intensivstationsaufenthalte hat sie gebraucht und eine intensiv medizinische Betreuung auf Normalstation. Am Ende ist alles gut gegangen. Und das war auch der heftigste Fall, den ich je in meinem Leben gesehen habe.
Mich aber hat dieser Fall sehr geprägt, ich bin seitdem sehr vorsichtig mit Stimulationsbehandlung.
Was passiert mit den Eizellen?
Und dann haben wir da noch die Eizellen, die bei der Therapie gewonnen wurden. Hast du eine höhergradige Überstimulation, werden diese nicht zurückgegeben.
Das Risiko einer Schwangerschaft ist hier zu groß.
Wie das Risiko einer Schwangerschaft ist jetzt zu groß? Das ist doch das Ziel!
Überstimulation und Schwangerschaft
Ja, da hast du recht. Aber bei einer höhergradigen Überstimulation wäre eine Schwangerschaft fatal. Denn eine Schwangerschaft lässt über das Schwangerschaftshormon die Eierstöcke noch einmal zusätzlich wachsen und verstärkt Überstimulation weiter. Das bringt dich ernsthaft in Gefahr, wie wir vorher bereits besprochen haben.
Deshalb würden in diesem Fall die befruchteten Eizellen eingefroren, um Deine Gesundheit nicht zu gefährden.
Einfrieren der Eizellen
Erst wenn die Überstimulation abgeklungen ist und die Eierstöcke wieder Normalgröße haben, kannst du an eine Rückgabe dieser eingefrorenen Embryonen denken.
Durch neue Techniken und Einfriermedien überleben die eingefrorenen Embryonen fast alle den Auftauvorgang. Das war nicht immer so. Als ich gelernt habe, und das ist jetzt schon fast 25 Jahre her, betrug die Überlebensrate beim Auftauvorgang 50 %.
Tablettentherapie bei Rückgabe der Kryoembryonen
Keine Angst, bei der Rückgabe der Kryoembryonen, so nennt man die eingefrorenen befruchteten Eizellen, brauchst Du keine erneute Hormontherapie mit Spritzen.
Meist reicht eine Tablettengabe aus, bei der Östrogene zugeführt werden. Damit soll die Schleimhaut zum Wachstum angeregt werden. Ein hoch aufgebaute Schleimhaut ist ein gutes Bett für Deine Embryonen. Hat die Schleimhaut die richtige Dicke, werden die Embryonen zurückgegeben. Danach brauchst Du noch Gelbkörperhormon für die zweite Hälfte, damit diese gestützt wird und die Gebärmutterschleimhaut nicht blutet.
Warten auf das Wunder
Diese Therapie ist im Vergleich zu der Therapie mit den Spritzen eine Spazierfahrt. Zumindest was den medizinischen Teil angeht. Die Höhen und Tiefen deines Gefühlslebens dürften ähnlich sein. Denn letztlich und endlich bleibt immer die spannende Frage, ob die Embryonen sich einnisten. Und die Antwort lässt in der Regel zwei Wochen auf sich warten….
Manchmal hast Du aber auch nur eine milde Überstimulation und Du bekommst Deine Embryonen zurück.
Überstimulation bei Mehrlingsschwangerschaft
In sehr seltenen Fällen kann auch jetzt noch eine höhergradige Überstimulation entstehen. Nämlich dann, wenn Du schwanger wirst.
Denn das Schwangerschaftshormon lässt die Gelbkörperchen, die sich nach der Eizellentnahme bilden, wachsen. Diese leeren Eizellhüllen werden dann größer und damit auch die Eierstöcke. Das tut ziemich weh.
Besonders riskant wird die Situation, wenn Du mit Mehrlingen schwanger wirst. Dann wird besonders viel Schwangerschaftshormon gebildet.
Überstimulation nach Eizellrückgabe
Plötzlich hast Du einen Bauch wie im dritten Monat. Du fühlst Dich aufgebläht und bekommst schlecht Luft. Auch heir drohen dann die oben genannten Komplikationen.
Wenn Du diese Symptome bemerkst, wende Dich noch mal an die Klinik. Das solltest Du dann zeitnah tun, damit schnell gegengesteuert werden kann.
Dauer der Überstimulation
Tritt eine Überstimulation bei einer Schwangerschaft auf, dauert es zirka drei Monate, bis der Spuk vorüber ist.
Ohne Schwangerschaft ist das Gröbste bei der nächsten Regelblutung überstanden.
Sei also nicht böse, wenn mal einer Therapie nicht ganz so viele Eizellen entstehen, wie Du Dir das gedacht hast. Denn eine Therapie ist immer eine Gratwanderung zwischen Deiner Gesundheit und einer ausreichenden Anzahl von guten Eizellen.
h drücke Dir die Daumen, dass Du schnell schwanger wirst!
Alles Liebe
Deine Heidi